Evangelische Kirchengemeinde Waldstetten
 

Pfarrer Christoph Scheytt (1952 – 1961)


Noch im Jahr 1952 begann Pfarrer Christoph Scheytt seinen Dienst in der Gemeinde. Er brachte viele neue Ideen mit, insbesondere den Bau der Erlöserkirche, der in seine Dienstzeit fällt.

Die Gemeindearbeit ohne einen einzigen gemeindeeigenen Raum war sehr beengt. So fanden sowohl der Jugendkreis als auch die Kirchengemeinderatssitzungen im Wohnzimmer der Zweieinhalb-Zimmerwohnung der Pfarrersfamilie statt. 1954 erfolgte in der Augustinuskirche die Investitur von Pfarrer Scheytt, wohl ein einmaliger Vorgang in der Landeskirche. Konfirmationen wurden bis 1958 in dem Evangelischen Gemeindehaus in Schwäbisch Gmünd gefeiert.

Trotz oder gerade wegen dieser beengten Verhältnisse blühte die Gemeinde immer mehr auf. Es gab Jugendkreise in Waldstetten und Bettringen, Kirchenchöre in Bettringen und in Straßdorf und die Frauenkreise wurden von der Pfarrfrau in deren Wohnung betreut. Männerkreise in Bettringen und Straßdorf fanden in Gasthaus-Nebenzimmern statt.

Fast alles lief über persönliche Kontakte. „Die Gemeinde war wie eine große Familie“, erinnerte sich Pfarrer Scheytt anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Erlöserkirche im Jahr 2008.

Mitte 1953 begann die Diskussion um das Kirchenhaus. Die Voraussetzungen dafür waren denkbar schlecht. Waldstetten galt nach Aussage des Vikars Rümelin (später Dekan) im evangelischen Kirchenbezirk als der „arme Lazarus“ vor den Toren des reichen Schwäbisch Gmünd. „Wir haben Angst vor den Gemeinden, die eine Kirche bauen und das fehlende Geld durch ihren Glauben ersetzen“, sagte damals der Finanzreferent des Oberkirchenrats zu Pfarrer Scheytt bei der ersten Besprechung. Doch am 12. Februar 1955 wurde in der Sitzung des Kirchengemeinderats der Bau eines Kirchsaals und einer Pfarrwohnung beschlossen.  Der Bauplatz war von Bürgermeister Keicher zugesichert worden und wurde von der Landeskirche gekauft. Bauen musste die Kirchengemeinde selbst. Der Platz lag außerhalb des damaligen Ortsrandes von Waldstetten, umgeben von Feldern, Wiesen und Weiden. Pfarrer Scheytt erinnerte sich anlässlich des 50-jährigen Jubiläums an die Worte seines Organisten und Harmoniumspielers Klaus Teufel: „Und sie wollen mit 4000 DM unbezahlter Rückstände eine Kirche bauen?“

Das Eigenkapital der Kirchengemeinde war tatsächlich minimal und die Spendenbereitschaft der Gemeindemitglieder war bald erschöpft. So tingelten die Waldstetter Jugendkreise mit Gesang und Theaterspiel durch den Bezirk und durchs Land, um Geld für den Kirchenbau zu sammeln. Pfarrer Scheytt verdiente Geld mit Vorträgen über seine Israelreise, die er im Jahr 1955 mit seinem Freund im VW-Käfer unternommen hatte.

Die restlichen 24 000 DM mussten über die Bausparkasse, die Landeskreditanstalt und den Lutherischen Weltbund finanziert werden. Dieser steuerte allein ein Darlehen von 13 000 DM bei. Die Abendmahlsgeräte, die Kanzel- und Altardecken wurden aus diesen Mitteln beschafft und erinnern heute noch an die Diaspora-Hilfen der Evangelischen aus anderen Regionen.

Dr. Ruff, ein vom Oberkirchenrat beauftragter Architekt aus Stuttgart-Degerloch, reichte Mitte 1956 einen Vorentwurf für das Bauvorhaben ein. Die Kosten für Kirche und Pfarrhaus beliefen sich auf        170 000 DM. Die Durchführung in zwei Bauabschnitten wurde am 1. Februar 1957 vom Kirchengemeinderat beschlossen. Mit der örtlichen Bauleitung wurde Architekt Fritz Schöne aus Schwäbisch Gmünd beauftragt. Am 10. Mai erteilte der Oberkirchenrat die Baugenehmigung. Am 24. Mai 1957 begannen die Baggerarbeiten. Bei Grab- und Betonierarbeiten leisteten viele Männer der Gemeinde freiwillige Arbeitsstunden.

Grundsteinlegung

Zwei Tage vor der Grundsteinlegung konnten Pfarrer Scheytt und seine Frau gerade noch rechtzeitig bei der Firma Burrer in Maulbronn den Grundstein mit seinem VW-Käfer abholen. Der zentnerschwere Stein lag vor dem zurückgesetzten Nebensitz auf dem Boden des VWs. Pfarrer Scheytts Ehefrau musste hinten Platz nehmen. Die Fahrt auf der Autobahn mit der einseitigen Belastung sollte für beide als ein Abenteuer in Erinnerung bleiben. Am 7. Juli 1957 konnte der Stein mit den darin enthaltenen Dokumenten eingemauert werden.

In der Urkunde zur Grundsteinlegung steht: „Die Gemeinde fasst den Beschluss zur Namensgebung……im Gehorsam gegen dieses Bekenntnis des Apostels …, damit in ihr Jesus Christus, unser alleiniger Mittler und Heiland, der uns mit seinem Blut erlöst hat, uns und unsere Nachkommen mit seinem Wort allezeit bei sich behalte, erleuchte und regiere.“

Gottesdienst am 14.09.1958 in der ehemaligen Friedhofskapelle

Festzug vom "Alten Friedhof" zur Erlöserkirche

Es war für die Kirchengemeinde so etwas wie eine Erlösung, als der Bau ihrer Kirche fertig gestellt war. Zwölf Jahre mussten die Gottesdienste in allen Teilorten in fremden Räumen gehalten werden. Groß war da die Freude, dass nun in der Gemeinde eine Kirche stand. Ihren Namen erhielt sie nach den Worten aus 1. Timotheus 2, Verse 5 + 6: „Es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung, dass solches zu seiner Zeit gepredigt werde.“

Am 14. September 1958 wurde die Kirche unter großer Anteilnahme der Kirchengemeinde und der bürgerlichen Gemeinde eingeweiht.

1958 absolvierte Annemarie Krauss ihr Gemeindepraktikum in Waldstetten. Sie brachte mit Charme und Charisma einen bis dahin unbekannten Aufschwung in die Jugendarbeit. In Zusammenarbeit mit Waldstetten und Bettringen gründete sie eine Theatergruppe, die unter anderem mit dem Stück „Abu Hassan“ das Publikum begeisterte.